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Über Indien nach Dschibuti

Vor der Küste Somalias gibt es nach wie vor Piraten, das steht außer Frage. Nicht ohne Grund warnt das Piraterie-Präventionszentrum der Bundespolizei Segelyachten davor, diese Route zu wählen. Alles andere wäre auch völlig falsch.

Es ist allerdings auch eine Tatsache, dass die Piraten-Aktivitäten durch die vor Ort operierenden internationalen Antipiraterie-Streitkräfte wesentlich eingeschränkt wurden und dass Frachter und Öltanker für verbleibende Piraten scheinbar wesentlich attraktiver sind als kleine Segelyachten. Nachdem wir die Situation seit Monaten beobachtet und uns ausführlich an vielen Stellen informiert haben, wagen wir die Fahrt durch den Golf von Aden.

Mit einem kurzen Zwischenstopp in Cochin in Indien nehmen wir die längste – und gefährlichste – Etappe in Angriff, die wir jemals mit der Polarwind an einem Stück gesegelt sind: 2000 Seemeilen.

Die Seetage sind eintönig, aber nicht langweilig. Wind haben wir eher wenig, aber das wussten wir vorher. Ist doch dieser Teil des Indischen Ozeans für seine leichten Winde bekannt. So sind wir in einem Wechsel aus Leichtwindsegeln und niedrigtourigem Motoren unterwegs. Es geht voran, langsam zwar, aber stetig.

Jeden Tag scheint die Sonne von einem strahlend blauen Himmel. Jede Nacht bestaunen wir den funkelnden Sternenhimmel. Keine Regenwolke, kein Squall, nichts. Dabei würden wir uns über etwas Regen durchaus freuen, das Deck ist von einer dicken Salz- und Staubkruste überzogen.

Ein bisschen mehr Wind wäre auch schön, aber wenigstens ist das Leben an Bord mit wenig Wind sehr angenehm. Es gibt kaum Schiffsbewegungen, man muss sich nirgendwo festhalten. Tassen bleiben stehen, Playmobil-Männchen auch. Wir verbringen die Tage mit schlafen, lesen, kochen, backen, Schule, spielen und Geschichten erzählen.

Ab und zu kommen Delfine vorbei und begleiten uns ein Stück. Der Anblick ist jedes Mal wieder ein besonderes Geschenk. Dann taucht eines Morgens plötzlich ein riesiger Wal – größer als die Polarwind – in nur 20 m Entfernung auf. Lange stehen wir staunend an Deck und beobachteten, wie er langsam und mayestetsich in einem großen Bogen um die Polarwind schwimmt.

Im Sicherheitskorridor im Golf von Aden senden wir täglich unsere Position per E-Mail an die Sicherheitsbehörden MSCHOA und die UKMTO (Maritime Trade Information Centre). Beide raten Yachten übrigens nicht ab, hier durch zu segeln - im Gegenteil: Sie bieten jegliche Unterstützung an, haben ein online-Registrierungsformular und geben genaue Instruktionen sowohl für das Durchsegeln der Hochsicherheitszone als auch für einen eventuellen Angriff.

Wir bleiben in der Nähe des IRTC. Täglich zweimal überfliegt uns die japanische Navi und informiert per Funk, dass man sich bei irgendwelchen verdächtigen Beobachtungen sofort an sie wenden solle. Einmal kommt ein riesiger Flugzeugträger an uns vorbei. Aber am meisten beruhigt uns die ständige Nähe der vielen Frachter. Auf dem AIS haben wir fast immer mindestens drei oder vier in wenigen Meilen Entfernung und fast alle haben bewaffnetes Sicherheitspersonal an Bord. Müssten wir einen Piraten-Notruf absetzen, wären sie innerhalb weniger Minuten bei uns. Und wie wir gehört haben, fackeln diese privaten Sicherheitsleute im Notfall nicht lange rum, sondern schießen sofort. Fakt ist aber, dass wir kein einziges Mal auch nur annähernd irgendwelche verdächtigen Schiffe oder gar Boote sehen. Klar gehen wir aufmerksamer Wache als sonst und suchen sehr regelmäßig den Horizont Richtung somalischer Küste ab. Aber da ist nichts zu entdecken. Absolut gar nichts.

Die letzten fünf Tage nimmt der Wind endlch zu, mit ausgebauter Genua machen wir ordentlich Meilen und können gerade noch in Dschibuti einklarieren, bevor am nächsten Tag der Hafen wegen des Coronavirus zu macht.